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AVIVA-BERLIN.de 3/3/5785 - Beitrag vom 05.07.2004


Das jüdische Berlin 2. Teil
Denise Hoffmann

Weitere jüdische Orte Berlins wie das Jüdische Museum oder das Haus der Wannsee-Konferenz, aber auch weniger bekannte Stätten wie die alten Friedhöfe oder Deportationsmahnmale lohnt es zu besuchen!




Jüdisches Museum Berlin
In diesem Sommer feiert das Jüdische Museum Berlin in der Lindestraße 9-14 erst seinen dritten Geburtstag und ist bereits über die Grenzen Deutschlands hinweg eine anerkannte Institution.

Was außer der umfangreichen, spannenden Dauerausstellung und der verschiedenen kleineren Wechselausstellungen fasziniert, ist der großartige Entwurf Daniel Libeskinds, der 1989 mit "Between the Lines" die Ausschreibung gewann.
Der Neubau - als eigentlicher Museumsteil neben dem damaligen West-Berliner Stadtmuseum - ist in seiner Symbolkraft einzigartig:

Der Architekt verband ausgewählte ehemaligen Wohnorte prominenter Berliner Juden in seiner Entwurfsskizze derart, dass das Museum von oben betrachtet an einen Blitz bzw. gesplitterten Stern erinnert.
Die Außenwände sind mit Zinkplatten verkleidet, ein Metall, dass sich - je nach Umwelteinflüssen und Lage - verändert und unterschiedlich oxidiert, der Bezug zum Judentum, das in Deutschland ebenfalls schwankenden Einflüssen ausgesetzt war, ist evident.

Im Museumsinneren muss frau über die "Achse der Kontinuität" zum Ausstellungsbeginn.
Zwei weitere Achsen kreuzen diese: Die "Achse des Holocausts", die im kalten, dunklen, beklemmenden Holocaust-Turm endet, und die "Achse des Exils". Letztere mündet in den Garten des Exils, der einen Besuch lohnt.
Ein unebener, schräger Boden soll Schwindelgefühle hervorrufen, die überlebensgroßen Stelen sollen orientierungslos machen.
Auch hier ist der Symbolwert einmalig: Die 49 Stelen sind mit Frieden versinnbildlichenden Weiden bepflanzt. Dazu wurde 48mal Erde aus Israel verwendet, nur eine Stele, die in der Mitte, ist mit Berliner Erde bepflanzt - um die Wichtigkeit Berlins für das deutsche Judentum darzustellen. Die Zahl 48 verweist auf das Jahr 1948, das Gründungsdatum des Staates Israel.

Die "Voids", die Leerstellen im Museumsinneren, symbolisieren die Vernichtung der Juden und gleichzeitig die Schwierigkeit, wie man Leere und Nicht-Vorhandensein darstellen und damit umgehen soll.

Wenn Sie vor Jahren schon mal da waren, werden Sie heute trotzdem viel neues entdecken. Machen Sie eine Führung oder fragen Sie einen der Guides. Diese freuen sich immer, wenn sie ihr profundes Wissen mit interessierten BesucherInnen teilen können!
www.jmberlin.de


Haus der Wannsee-Konferenz
Am 20. Januar 1942 klärten 15 hohe Vertreter verschiedener Ministerien, der SS und der NSDAP im Gästehaus der SS am Wannsee ihre Zusammenarbeit in Bezug auf die Vernichtung des europäischen Judentums.
Letztes war - entgegen mancher Theorien - bereits beschlossen, was die Anwesenheit Hitlers bei dieser als strenggeheim eingestuften Besprechung nicht erforderlich machte, die "Wannsee-Konferenz" sollte die Beteiligung des gesamten deutschen Staatsapparates besiegeln.

14 Räume in der Villa Am Grossen Wannsee 56-58 zeichnen die Jahre 1933 bis 1945 mit Fotos und erklärenden Tafeln nach. Die Ausstellung beginnt mit der "Diktatur in Deutschland", "Die Wannsee-Konferenz" (der tatsächliche Ort im ehemaligen Speisezimmer) ist der differenzierteste und an Dokumenten umfangreichste Raum, die "Hausgeschichte" zeugt von 90 äußerst wechselvollen Jahren, und endet mit "Die Befreiung".
Außerdem gibt es wechselnde Sonderausstellungen sowie die umfangreiche Bibliothek und Mediothek.
www.ghwk.de

Liebermann-Villa am Wannsee
Nur zwei Busstationen davor in der Colomierstr. 3 (Ecke Am Großen Wannsee) liegt die Sommerresidenz von Max Liebermann. Der bedeutendste deutsche Impressionist, der sich 1909 sein "Schloss am See" bauen ließ, lebte und arbeitete von April bis Oktober in den Jahre 1910 bis zu seinem Tod 1935 hier.
Es entstanden über 200 Gemälde (von denen einige ab Oktober 2004 in der Alten Nationalgalerie zu sehen sind!).

Seit 2002 ist das Seegrundstück, das in der Weimarer Republik mit 7.200 qm zu den bescheideneren Häusern gehörte, im Umbau. Die beiden Gärten jedoch sind bezaubernd und vor allem originalgetreu angepflanzt. Im Haus selbst kann man 36 Federzeichnungen Liebermanns zu Goethes "Der Mann von 50 Jahren" sehen.

Das benachbarte Grundstück, das der befreundeten Familie Hamspohn gehörte und vom selben Architekt - Paul Baumgartner - gebaut wurde, wird gerade ebenfalls umgebaut. 2005 sollen in diesem Nebenhaus Ausstellungsräume zu Künstlern um Liebermann, wie z.B. Lesser Ury, entstehen.
www.im-netz.de/liebermann

Der Jüdische Friedhof in der Schönhauser Allee 23-25
Der alte Friedhof mit über 23.000 Gräbern ist heute denkmalgeschützt. Hier liegen unter anderem Max Liebermann, der Verleger Leopold Ullstein und der Komponist Giacomo Meyerbeer. Aufwendige Grabanlagen aus dem 19. und 20. Jahrhundert haben ihre Geschichte...

Der Jüdische Friedhof in der Herbert-Baum-Straße 45
1880 eingeweiht finden noch heute Beerdigungen statt. Der Impressionist Lesser Ury, der Warenhausbesitzer Hermann Tietz, sowie die Verleger Samuel Fischer und Rudolf Mosse sind hier begraben.

Die Israelische Botschaft
Die Vertretung ist, wie der Name sagt, eine israelische und keine jüdische. Trotzdem ist auch hier in der Auguste-Viktoria-Straße 74-76 ein jüdischer Ort in Berlin zu entdecken: Die Architektur der Israelin Orit Willenberg-Giladi vermischt beim Botschaftsneubau Antikes mit Neuem: Jerusalem-Stein und Glas prägen die Fassade.
Im Eingangsbereich können jüdische Symbole wie eine Menora assoziiert werden. Die sechs Säulen im Frontbereich stehen für die 6.Mio ermordeten Juden unter den Nationalsozialisten.

Das moderne Botschaftsgebäude ist einer Galeere nachempfunden, da Schiffe im Judentum ihre besondere Bedeutung haben: Als erstes ist natürlich die Arche Noah zu nennen. Außerdem erfolgte die Ansiedlung von Juden, die im Zuge der Inquisition zur "Reinheit des christlichen Blutes" von der Iberischen Halbinsel vertrieben wurden, in Hamburg über Schiffe, ebenso wie die Emigration nach Israel, mit der "Exodus" als bekanntestes Beispiel.

Das alte Gebäude der Botschaft ließ Hermann Schöndorff 1928 errichten.
1934 musste er es samt Grundstück verkaufen und emigrierte mit seiner Familie nach Paris. Über sein weiteres Schicksal ist nichts bekannt.
Zwischen 1935 und 1997 wechselte der Besitzer fünfmal, bis das Grundstück 1998 schließlich vom Staat Israel mit Hilfe der Jewish Claims-Confeence, des Zentralrats der Juden in Deutschland und der Jüdischen Gemeinde zu Berlin erworben wurde.

Die israelische Repräsentation, die 2001 eröffnet wurde, kann man aus Sicherheitsgründen als Privatperson natürlich nicht besuchen. Trotzdem hat man durch gusseiserne Zäune und eine verglaste Mauer einen Einblick in den wunderschönen Garten, in dem auch Joschka Fischer schon eine Weide gepflanzt hat. Dies soll den AnwohnerInnen Transparenz - bei höchstmöglicher Sicherheit - suggerieren.

Auch der Blick auf die wirklich gut gemachte Homepage lohnt sich für Israel-Interessierte und -Reisende, nicht zuletzt um die "drittschönste Botschaft Berlins" - so das Urteil einer Fernsehdokumentation vor einigen Jahren - auch einmal genauer kennen zu lernen! Außerdem kann frau sich hier über kulturelle Veranstaltungen israelischer KünstlerInnen deutschlandweit informieren.
www.israel.de

Deportationsmahnmal am S-Bhf. Grunewald
Hier wird an die Deportation von Zehntausenden Berliner Juden in den Jahren 1941 bis 1945 erinnert.

"Stolpersteine"
Überall in Berlin ob in der Oranienburgerstraße oder an den Hackeschen Höfen, in Pankow oder Friedrichshain, Tempelhof, Schöneberg, Marzahn oder Spandau finden Sie die sogenannten Stolpersteine.
Man kann eine Patenschaft für einen Stolperstein übernehmen. Man spendet 95 Euro (Planung, Fertigung und Verlegen inbegriffen).
www.stolpersteine.

"Spiegelwand für die jüdischen Bürger von Steglitz"
Die Namen und Adressen von 1723 Steglitzer Juden, die deportiert und ermordet wurden, sind auf der 12 Meter breiten Wand zu lesen. Gleichzeitig spiegelt sich das Städtebild rund um den Hermann-Ehlers-Platz (am U-Bhf. Schloßstraße) wider.

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Jüdisches Leben

Beitrag vom 05.07.2004

AVIVA-Redaktion